Zum Begriff

Ele­men­tarisieren bedeutet, “den Schülern den Gegen­stand des jew­eili­gen Unter­richts aneig­nungs­fähig zu machen, in zwiefach­er [sic] Weise: näm­lich ihnen – erstens – den Zugang zum Gegen­stand zu erle­ichtern und dadurch – zweit­ens – ein gründlich­es Ein­drin­gen in das Gegen­stands­feld zu ermöglichen” (Sünkel 2007: 17). Dieses Ver­ständ­nis des Begriffs hat sich erst in der Mitte des 20. Jahrhun­derts etabliert, vor allem durch die Aus­führun­gen des Päd­a­gogen Wolf­gang Klaf­ki (1927–2016).

Die didaktische Reduktion

“Ele­men­tarisierung wird zu einem Kern­be­griff der soge­nan­nten ‘Didak­tis­chen Reduk­tion‘, die wiederum im Zusam­men­hang mit der von W. Klaf­ki zur dama­li­gen Zeit aus­gear­beit­eten ‘Didak­tis­chen Analyse‘ ste­ht” (Wiater 2007: 25). In dieser didak­tis­chen Analyse wird gefragt, welche Bedeu­tung ein Inhalt für die Gegen­wart und die Zukun­ft hat, was seine Struk­tur und Exem­plar­ität ist und wie es um die Zugänglichkeit des Lern­in­halts für die spez­i­fis­che Gruppe von Ler­nen­den ste­ht. An diesem Punkt kommt die didak­tis­che Reduk­tion zum Zug.

Lehrper­so­n­en, aber auch durch Lehrplan­ver­ant­wortliche und Schulbuchautor*innen tre­f­fen Mass­nah­men, Sachver­halte in ein­er Art und Weise zu vere­in­fachen, damit sie Schü­lerin­nen und Schüler ein­er bes­timmten Alters­gruppe und mit einem bes­timmten Lern­stand ver­ständlich gemacht wer­den kön­nen. Diese Reduk­tion kann ver­tikal durchge­führt wer­den, in dem der Unter­richtsstoff repräsen­ta­tiv an einem Fall­beispiel behan­delt wird, wom­it Fak­toren und Vari­ablen eines kom­plex­en The­mas ver­ringert wer­den. Auch eine hor­i­zon­tale Reduk­tion ist möglich, in dem der fach­liche Anspruch ver­ringert wird, nicht aber sein Gültigkeit­sum­fang. Dies geschieht beispiel­sweise durch sprach­liche Vere­in­fachun­gen oder durch die Ver­wen­dung unter­schiedlich­er Darstel­lungs­for­men (visuell, akustisch, motorisch, spielerisch oder handw­erk­lich-prak­tisch). Im All­t­ag wer­den meis­tens bei­de For­men kom­biniert (vgl. Wiater 2007: 26–28).

Konstruktivistische Didaktik

Die Kon­struk­tivis­tis­che Didak­tik besagt, dass Ler­nen aus der Per­spek­tive der Ler­nen­den ent­wor­fen wer­den muss. Sie kön­nen prinzip­iell von aussen nicht direkt bee­in­flusst wer­den, der Lehr-Lern-Vor­gang wird als “aktiv­er Prozess indi­vidu­eller Selb­stor­gan­i­sa­tion” (Wiater 2007: 30) ver­standen. Ide­al­er­weise erfol­gt die Ver­mit­tlung eines Unter­richts­ge­gen­stands für jedes Kind opti­mal auf seine Bedürfnisse angepasst. Prak­tisch ist dies jedoch nur im Einzelun­ter­richt möglich.

Das heisst im Fall von Schul­büch­ern, die häu­fig mehrere zehn­tausend Adres­sat­en haben, dass sie bei ihrer Erstel­lung auf diese vie­len, unter­schiedlich ler­nen­den Kinder eingestellt wer­den müssen. Um dies zu erre­ichen, wer­den Durch­schnittsan­nah­men getrof­fen, wom­it zwan­gläu­fig eine Kon­struk­tion der Schü­lerin­nen und Schüler stat­tfind­et. Es wird ein bes­timmter Grad der Lern­fähigkeit angenom­men, ein Durch­schnittskind kon­stru­iert, für das die getrof­fe­nen Ele­men­tarisierungs­mass­nah­men opti­mal passend sind. Dies hat wiederum zur Kon­se­quenz, dass die Inhalte eines Schul­buchs für viele SuS zu leicht und für viele andere zu schwierig sind, da sie diesem kün­stlichen Durch­schnittsty­pus nicht entsprechen (vgl. Sünkel 2007: 22). In der Prax­is kann dies zwar durch die Lehrper­son aus­geglichen wer­den, die ihre Schü­lerin­nen und Schüler ken­nt und die Inhalte aus dem Schul­buch dementsprechend auf­bere­it­et und erweit­ert.

Trotz­dem bietet ein Schul­buch, welch­es für ver­schiedene Ler­nende Inhalte enthält, für die SuS mehr und erle­ichtert auch die Arbeit der Lehrper­son enorm, was als Qual­itätsmerk­mal gese­hen wer­den kann.


Dieser Text (oder Teile davon) stammt aus:

“Das gute Schul­buch” (Hug, Fabi­an (2020): Das gute Schul­buch. Brugg: PH FHNW).

Literatur

Sünkel, Wolf­gang (2007): Zum Prob­lem der Ele­men­tarisierung von Unter­richts­ge­gen­stän­den über­haupt. In: Matthes, Eva und Heinze, Carsten (Hrsg.): Ele­men­tarisierung im Schul­buch. Bad Heil­brunn: Klinkhardt. (= Beiträge zur his­torischen und sys­tem­a­tis­chen Schul­buch­forschung). S. 17–24.

Wiater, Wern­er (2007): Ele­men­tarisierung als Prob­lem der Didak­tik. In: Matthes, Eva und Heinze, Carsten (Hrsg.): Ele­men­tarisierung im Schul­buch. Bad Heil­brunn: Klinkhardt. (= Beiträge zur his­torischen und sys­tem­a­tis­chen Schul­buch­forschung). S. 25–36.